Von der Spielerin zur Schiedsrichterin (1/3)

Schiris pfeifen Spiele. Ohne Schiris kein Spiel. Diese ziemlich einfachen Aussagen zeigen die Oberfläche, aber wenig über die Hintergründe. Wie werde ich Schiri? Was bedeutet es eigentlich, die Spielleitung im Jugend- oder Erwachsenenbereich zu übernehmen? Macht das überhaupt Spaß?

Gefragt haben wir all das unsere Schiedsrichterinnen Michelle und Hanyah, die sich seit einiger Zeit neben ihrem Engagement als Spielerin auch als Schiedsrichterin unseres Vereins in den Berliner Fußball einbringen. In drei Teilen berichten sie von ihrem Weg.

Hanyah: Meine erste Intention war es, dem Verein etwas zurückzugeben. Es engagieren sich viele fleißige “Moabienen” abseits des Trainings und Spiels für den Verein, es ist sozusagen Teil der Vereinskultur, ein Geben und Nehmen. Außerdem habe ich tatsächlich schon immer damit geliebäugelt Spielleiterin zu werden -auch mit dem Hinblick darauf irgendwann vom körperlichen her fußballerisch nicht mehr mithalten zu können und dennoch auf dem Platz stehen zu dürfen. Deshalb habe ich mich im Sommer 2023 für den Lehrgang angemeldet.

Michelle: Da der Verein keine Schiedsrichter:innen stellte und somit den Schiedsrichtersoll nicht erfüllte, kam immer mehr Druck von Seitens des Berliner Fußball-Verbandes, die mit Strafen drohten, wenn der Verein weiterhin keine Schiris stellt. Daraufhin habe ich entschieden, den Lehrgang für Schiedsrichterinnen zu machen. Auch das Interesse nochmal eine andere Seite des Fußballs kennen zu lernen, hat mich motiviert die Schiedsrichterei auszuprobieren. Glücklicherweise stellte sich dann recht schnell heraus, dass ich sehr viel Spaß als Schiedsrichterin auf dem Platz habe und diese komplett andere Seite des Fußballs mir sehr gut gefällt.

Michelle: Der Berliner Fußball-Verband bietet in regelmäßigen Abständen Lehrgänge für neue Schiedsrichter:innen an. Diese sind entweder kompakt innerhalb einer Woche oder an mehreren Abenden. Ich habe im August 2023 den kompakt-Lehrgang gemacht. Am letzten Tag des Lehrgangs fand dann die schriftliche theoretische Prüfung, sowie der Lauftest statt. Nach Bestehen der beiden Prüfungen kann es dann auch schon losgehen.

Hanyah: Das Witzige daran ist, dass man denkt, man ist Schiedsrichter:in, wenn man den Lehrgang absolviert hat. Das ist auch so – zumindest auf dem Papier. Hierfür kann man entweder eine Präsenz-, Online- oder Hybridkurs besuchen. Insgesamt ist es ein Zeitaufwand von ca. 30 Stunden, inklusive Prüfungen. Ich habe aber gelernt, dass man erst Spieleiter:in ist, wenn man ohne Patenschaft auf dem Platz steht. Den Lehrgang kann man auf jeden Fall bestehen, wenn man fleißig lernt und engagiert ist, ob man wirklich dafür geeignet ist, findet man aber erst auf dem Platz heraus und das war mein größter Lerneffekt.

Hanyah: Mein erstes Spiel war eine D-Jugend, Kleinfeld Begegnung. Ich war sehr nervös und konnte die Nacht zuvor, vor Nervosität, nicht richtig schlafen. Als ich ankam, habe ich meinen Paten kennengelernt und er hat mich sofort mit den ersten Abläufen vertraut gemacht. Das nahm mir auch die Nervosität. Jemanden erfahrenes an der Seite zu haben, der einem bei allem hilft, gibt sehr viel Selbstvertrauen und wenn es eine Sache gibt, die man als Schiedsrichter*in braucht, dann Selbstvertrauen. Obwohl ich meinen ersten Strafstoß pfeifen musste, verlief das Spiel völlig unspektakulär. Auf dem Weg nach Hause war ich sehr glücklich und zufrieden, auch weil mein Pate mir sehr viel Feedback gegeben hat, mit dem ich arbeiten konnte. 

Michelle: Mein erstes Spiel war auch ein D-Junioren-Spiel – zwischen dem 1. FC Wilmersdorf II und Lichtenrader BC 25 II. Ich war tatsächlich nicht wirklich nervös, da es ein Kleinfeldspiel war, wo die Bedingungen sehr viel einfacher sind, als wenn man ein Großfeldspiel pfeift. Dazu kam, dass das Spiel sehr eindeutig war (es ging 14:1 aus) und es sehr wenig zu pfeifen gab. Ich hatte auch extrem Glück, dass sowohl Spieler, Trainer und Zuschauer:innen alle sehr freundlich und nett waren und dies dazu geführt hat, dass ich mich sehr wohl auf dem Platz gefühlt habe.

Michelle: Der Berliner Fußball-Verband hat ein super Projekt für Schiedsrichter:innen. Nach erfolgreichem Abschließen des Lehrgangs, bekommt jede neue Schiedsrichterin und jeder neue Schiedsrichter einen Paten zur Seite gestellt. Dieser begleitet einen bei den ersten Spielen und hilft einem bei der Vorbereitung der Spiele, gibt hilfreiche Tipps in der Halbzeitpause und bereitet die Spiele mit einem nach. Mir hat das sehr geholfen, da es einem die Ungewissheit, was auf einen zu kommt, nimmt und nicht allein beim ersten Spiel steht.

Der BFV bietet weitere Fortbildungen und Lehrgänge an. So gibt es nach Abgeschlossener Patenschaft noch einen Nachbetreuungslehrgang. Der Lehrgang bietet Raum Fragen zu stellen und Erfahrungen der ersten Monate als Schiedsrichter:innen auszutauschen. Bei uns im Verein gibt eine eine Schiri-Obfrau, an die wir uns jederzeit bei Problemen und Fragen wenden können.

Hanyah: Ich hatte wirklich einen sehr engagierten Paten an meiner Seite, der sich viele Notizen gemacht hat, mir Tipps gegeben hat und sukzessive Spiele ausgesucht hat, die herausfordernder wurden aber nicht überforderten. Er hat mir auch von Fortbildungen und Förderprogrammen erzählt, die vom Verband organisiert werden. Es gibt ein oder zwei Pflichtveranstaltungen aber auch ergänzende Fortbildungen, wie zum Beispiel den Lehrgang für Schiri-Assistent:innen. Darüber hinaus gibt es Lerngemeinschaften. Dort kann man sich einmal im Monat mit anderen Schiedsrichter:innen austauschen, Fragen in die Runde stellen und die Regelkunde auffrischen.

Fotos: Moabiter FSV | Fragen & Anmerkungen? Schreib uns!